Fürstin Pauline zu Lippe

Fürstin Pauline zu Lippe
Fürstin Pauline zu Lippe (Copyright: Lippisches Landesmuseum Detmold. Licence: CC BY-NC-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/))

“Gescheidt, thätig aber sehr eigenwillig”

Fürstin Pauline zur Lippe Prinzessin Paulina Christine Wilhelmiene von Anhalt Brandenburg, geboren am 13. Februar 1769, in Ballenstedt, genoss schon früh eine Ausbildung in Geschichte und Staatswissenschaften, setzte sich kritisch mit juristischen und philosophischen Werken auseinander und wurde bereits mit 13 Jahren von ihrem Vater am Regierungsgeschäft beteiligt. Pauline zeichnete sich durch ein eigensinniges Wesen aus, welches sich, weil auf Vernunft basierend, oftmals gegen den Vater etablieren konnte.

Als sie dann 1796, mehr aus persönlicher Taktiererei denn aus Liebe, den Fürsten Leopold zur Lippe heiratete, begann für sie ein neuer Lebensabschnitt in einer neuen Stadt. An die Verwaltungsarbeit gewöhnt, besetzte Fürstin Pauline im Fürstentum Lippe das Amt einer Kabinettssekretärin und vertrat häufig ihren wegen Krankheit oft unpässlichen Ehemann als Oberhaupt der Regierung.

Auf zahlreichen Spaziergängen durch das Lipperland wurden ihr die fatalen sozialen Missstände der lippischen Bevölkerung bewusst; sie sah zahlreiche hungernde Kinder von verarmten arbeitslosen Eltern. Erschrocken durch diese Bilder setzte sie 1798 mit der Zustimmung Leopolds nachhaltige Maßnahmen zur Erhebung des Erwerbsfleißes durch, da Pauline meinte, dass die Armut im Lande ihre Quelle im lippischen Volkscharakter habe, welcher zu Trägheit und zum Nichtstun neige. Die Jugendlichen sollten von der Straße geholt und auf ihren Beruf vorbereitet werden. Kinder unvermögender Eltern wurden von den Zöglingen des benachbarten Lehrerseminars unterrichtet und gleichzeitig durch die Herstellung und den Verkauf von erstellten Produkten an einen Gelderwerb durch Arbeit gewöhnt. Fürstin Pauline zahlte aus ihrer privaten Kasse die Gehälter der Lehrerinnen, Schulbücher und -hefte, Materialien und Belohnungen.
Im Jahre 1802 gründete sie eine Aufbewahrungsanstalt für Kinder in der Pflegeanstalt, den ersten Kindergarten Deutschlands und ein Krankenhaus für Pflegebedürftige. Maßnahmen die lokal gesehen durchaus immer erfolgreicher und effektiver wurden, scheiterten landesweit jedoch an den begrenzten finanziellen Mitteln, weil diese weitestgehend aus Spenden gutgestellter Mitbürger bestanden.

1805 kam es, anlässlich eines Antrages zur Erhebung einer Steuer auf Brandwein, zur Finanzierung des Irrenhauses, dann zu einem Konflikt zwischen Pauline und dem Landtag, welcher ihren Antrag ablehnte. Fürstin Pauline berief darauf den Landtag nie wieder ein.

Heutige Historiker attestieren der Fürstin in Teilen den gesellschaftlichen Möglichkeiten in der Theorie vorausgeeilt zu sein. Wesentlich für ihre Gedanken seien das Ineinandergreifen der einzelnen Einrichtungen und der planvolle Übergang zur Erziehung zur Arbeit statt Almosenverteilung. Neben der anstrengenden Verwaltungsarbeit kamen ab 1797/98 nach der Geburt ihrer zwei Söhne Paul Alexander Leopold und Albrecht August auch die Aufgaben einer Mutter auf Pauline zu. Nach dem Tod Ihres Mannes, im Jahr 1802, übernahm sie die alleinige Herrschaft über das Fürstentum Lippe.

Jetzt musste sie neben ihrem Talent für die Innenpolitik auch ihre Fähigkeiten für die Außenpolitik unter Beweis stellen. Diese Aufgabe forderte ein sehr großes diplomatisches Können, da es Anfang des 19. Jahrhunderts galt, die Souverenität eines Kleinstaates wie Lippe in einem sich zunehmend polarisierenden Europa zu retten. Im Jahre 1807 erreichte Pauline unter größten diplomatischen Bemühungen in Paris bei Napoleon den Beitritt Lippes in den mit Frankreich verbündeten Rheinbund.

Nach dem Wiener Kongress setzte sich die Fürstin gegen die mächtige Ritterschaft für eine neuartige Verfassung ein, tat dies jedoch eher aus einem Pragmatismus heraus, um sich an dem oftmals unbeweglichen Landtag zu rächen.

Mit der Durchsetzung jener Verfassung letztendlich gescheitert, tritt Fürstin Pauline 1820 zurück, übergibt ihrem Sohn Leopold die Macht und stirbt ein halbes Jahr später an einer schmerzvollen Lungenvereiterung. Ein Zeitgenosse Paulines, Joseph von Görres charakterisierte sie als (…) “eine gescheidte, thätige aber sehr eigenwillige Fürstin die ihre gebieterische zweideutige Liberalität alten Rechten eben so tyrannisch entgegensetzt, wie es wohl nirgendwo im Rheinischen – Bund je der Fall gewesen.”

Quelle: www.stadtdetmold.de (Christian Fanenbruck/ nach Beatrix Häusler, Birgit Kampmann: Fürstin Pauline zur Lippe 1769-1820)